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JOSEPH RATZINGER UND DIE ORTHODOXIE

Tagung des Neuen Schülerkreises in Konstantinopel 2014


Joseph Ratzinger und die Orthodoxie

 
 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Bericht

 

 

 

Reise des Neuen Schülerkreises nach Konstantinopel zur Erinnerung an den Bruderkuss vor 50 Jahren[1]

 

Vom 1. bis 4. Mai 2014 kam der Neue Schülerkreis Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. im Rahmen des jährlichen nationalen Treffens in Konstantinopel/Istanbul zusammen, um einerseits des 50. Jubiläums des Bruderkusses zwischen Papst Paul VI. und dem Ökumenischen Patriarchen Athenagoras I. zu gedenken und diesen Akt zu würdigen, andererseits das Thema „Joseph Ratzinger und die Orthodoxie“ wissenschaftlich zu behandeln. Den Schülerkreis begleitete der vom emeritierten Papst Benedikt XVI. eingesetzte Mentor des Kreises, Kurienkardinal Kurt Koch, sowie drei Mitglieder aus dem „alten“ Schülerkreis. Die Zusammenkunft begann am 1. Mai mit dem Besuch des Choraklosters (heute Museum) und einer Eucharistiefeier in der römisch-katholischen Antonius-Kirche in Pera, der Kardinal Kurt Koch vorstand. Hierbei gedachten wir besonders des Bruderkusses und beteten für beide Kirchenoberhäupter, Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios.

 

Am zweiten Tag besuchten wir nach dem morgendlichen Gottesdienst die Kirche zur Göttlichen Weisheit, die Hagia Sofia, die heute Museum ist. Wir bewunderten die Fresken und den Bau der „großen Kirche von Konstantinopel“ und verharrten bei der Führung durch das Kirchengebäude an besonderen Stellen in stillem Gebet - jegliches öffentliche Gebet ist ja untersagt. Nach der Führung durch das Gotteshaus fuhren wir vom Istanbuler Hafen zur Insel Chalki. Dort hieß uns der Abt des Chalkiklosters, Metropolit Elpidophoros Lambriniadis von Brusa, während des Mittagessens herzlich willkommen. Nach der leiblichen Stärkung hielten wir im Abt-Saal des Klosters und Seminars Chalki die erste wissenschaftliche Zusammenkunft. Dieses Seminar wird übrigens seit 1971 von den türkischen Behörden geschlossen gehalten. Prof. Dr. Ioannis Kourempeles, orthodoxer Gastredner aus der Aristoteles-Universität von Thessaloniki, trug Erwägungen vor zum Thema „Ein Papst des Logos im Logos eines Papstes – Die Christologie von Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. aus orthodoxer Perspektive“. In seiner Präsentation legte Kourempeles Grundzüge der Christologie Ratzingers vor und stellte diese als gut vereinbar mit den eigenen christologischen Akzenten der orthodoxen Theologie dar. Für ihn ist die logoshafte Christologie, so wie sie Joseph Ratzinger/Papst Benedikt XVI. in seinen Schriften präsentiert, eines der vielen Elemente, in denen orthodoxe und römisch-katholische Theologie übereinstimmen. Kurt Kardinal Koch trug eine Antwort auf den Vortrag von Kourempeles vor, tat sich aber, wie er sagte, schwer, Punkte im Referat zu finden, mit denen er nicht übereinstimme. Er betonte, es gebe die Gefahr einer „Entchristologisierung“ der Theologie und unterstrich die Übereinstimmung zwischen der Orthodoxen und der Römisch-katholischen Kirche in der Christologie. Nach der interessanten und langen theologischen Diskussion erhielten wir eine Führung durch das seit 1971 sogenannte „stillgelegte Seminar von Chalki“ und konnten die Seminarräume und Gärten des Klosters betrachten. Der Tag schloss mit einem orthodoxen Vespergottesdienst in der Dreifaltigkeitskirche des Klosters, dem Metropolit Elpidophoros vorstand. Am Ende der Vesper wurde dem Kardinal und den Mitgliedern der beiden Schülerkreise eine kleine Nachbildung der Gottesmutter von Chalki überreicht, als Schutz und zur Erinnerung an diesen Tag. Am Abend fuhren wir, wie geplant, nach Konstantinopel zurück.

 

 

Am nächsten Tag besuchten wir nach der morgendlichen Eucharistiefeier in der Antonius-Kirche das Ökumenische Patriarchat von Konstantinopel. Nach der Teilnahme an der Göttlichen Liturgie in der Georgskirche des Ökumenischen Patriarchates wurden wir durch die Kirche und die Räumlichkeiten des Patriarchats geführt. Unter anderem konnten wir hier die Säule des Martyriums Jesu Christi verehren sowie eine Reihe von Reliquien, besonders auch die des Hl. Johannes Chrysostomos und des Hl. Gregor des Theologen, die von Rom am 27. November 2004 zurückerstattet wurden und nun eine besondere Stelle in der Georgskirche erhalten haben.

 

Nach der Führung hielten wir den  zweiten wissenschaftlichen Teil der Zusammenkunft in der „Großen Schule des Genos“, der Schule des Ökumenischen Patriarchates in Istanbul, ab. Zunächst referierte seine Exzellenz der orthodoxe Bischof von Avidos und Professor an der Theologischen Fakultät der Universität von Athen, Kyrillos Katerelos über das Thema „Die Aufhebung der Anathemata zwischen Ost und West nach Joseph Ratzinger“ vor. Er skizzierte den historischen Kontext des 50-jährigen Jubiläums des Bruderkusses zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras und beleuchtete die darauf folgenden Ereignisse aus heutiger Sicht. Darauf stellte Stefanos Athanasiou  wichtige Teile seiner Promotionsarbeit dem Schülerkreis zur Diskussion vor.

 

Nach dieser Arbeitseinheit erwartete den Neuen Schülerkreis im Thronsaal des Patriarchates seine Allheiligkeit der Ökumenische Patriarch Bartholomaios. In seiner Ansprache fand er sehr lobende Worte für Papst Benedikt XVI. Er sah das Erbe, das dieser geschaffen hatte, in Papst Franziskus weitergehen. Der Patriarch drückte seine besondere Freude über die Aufnahme orthodoxer Mitglieder in den Neuen Schülerkreis aus und wünschte allen ein gutes Gelingen ihrer Tätigkeiten. Die Grußworte von Kardinal Kurt Koch sowie der beiden Sprecher des Neuen Schülerkreises, PD Dr. Michaela C. Hastetter und Prof. Dr. Christoph Ohly, waren überaus herzlich und weckten im Ökumenischen Patriarchen große Freude. Im Anschluss begrüßte er jedes Mitglied persönlich und überreichte jedem ein Heft, in dem die Reliquienrückgabe von Rom dokumentiert ist. Nach einer Vorstellungsrunde von Seiten der Mitglieder der beiden Schülerkreise speisten die Gäste zusammen mit dem Ökumenischen Patriarchen sowie den Metropoliten der Synode von Konstantinopel im patriarchalen Speisesaal. Um den Gästen die Rückkehr zur vorgenannten Schule mit dem steilen Aufstieg zu ersparen, stellte der Patriarch auf eigene Initiative hin seinen Thronsaal den Mitgliedern des Neuen Schülerkreises für die Abschlussrunde zur Verfügung. Dies bedeutete eine großherzige Geste. Nach alledem wurden den Mitgliedern des Neuen Schülerkreises und seinen Gästen im Rahmen einer Schiffsfahrt das Goldene Horn, das Marmarameer und der Bosporus gezeigt sowie die Buchten von Konstantinopel und Chalzedon.

 

Am letzen Tag wurde im Balouklikloster, wo sich die Gräber der Patriarchen befinden, eine patriarchale und synodale Liturgie gefeiert, der die Mitglieder der beiden Schülerkreise beiwohnten. Zuvor hatten sie die Möglichkeit, die Gräber der Patriarchen zu besichtigen, wo sie besonders am Grab von Patriarch Athenagors I. innehielten und ein Gebet sprachen. Nach der Liturgie verabschiedete sich der Patriarch von jedem Mitglied durch das Überreichen des Andideron und unterzeichnete eine Grußkarte an den emeritierten Papst Benedikt XVI. zusammen mit den Mitgliedern der Schülerkreise sowie den geladenen Gästen.

 

Der Besuch des Neuen Schülerkreises in Konstantinopel und die herzliche Gastfreundschaft Seitens des Patriarchates wurde somit zu einem Auftakt für das Treffen zwischen Papst Franziskus und Patriarch Bartholomaios in Jerusalem, wo des Bruderkusses zwischen Papst Paul VI. und Patriarch Athenagoras gedacht werden sollte.

Stefanos Athanasiou

 

[1] Die Reise fand statt auf Einladung des Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios und war geplant als ein sogenanntes Nationales Treffen des Neuen Schülerkreises.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos: ©Stefanos Athanasiou

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