CHRISTENTUM UND MARTYRIUM
Tagung der Schülerkreise in der Villa Fatima an der Via Aurelia 2017
Christentum und Martyrium
Bericht
Das Treffen der beiden Schülerkreise von Joseph Ratzinger /Papst Benedikt XVI. fand von 31.August bis 3. September in Rom statt. Tagungsort war die Villa Fatima an der Via Aurelia. In diesem Jahr stand es unter dem Thema „Christenverfolgung und Martyrium.“ Nach wie vor sind die Christen die am meisten verfolgte Religionsgemeinschaft weltweit. Man geht davon aus, dass 200 Millionen Christen in 60 Ländern wegen ihres Glaubens mit dem Tod bedroht sind – eine Tatsache, die in den westlichen Medien kaum Beachtung findet. Umso wichtiger war es, sich im Rahmen des Treffens über Erfahrungen mit verfolgten Christen auszutauschen und tiefer in die spirituelle und theologische Dimension des Martyriums einzudringen.
Dazu waren drei Referenten eingeladen. Der koptische Bischof Dr. Kyrillos William von Assiut in Ägypten, der während seines Promotionsstudiums in Rom mehrere Jahre als Ferienaushilfe in Deutschland verbracht hatte, berichtete aus erster Hand über das Leben der Christen in einem arabischen Land. Viele Ägypter könnten nicht lesen und schreiben und stünden daher unter dem Einfluss der Imame, die jede andere Religion ablehnten. Es seien daher eher die Gebildeten, die den Kontakt mit der Kirche suchten und heimlich Christen würden. Der Zusammenhalt der Christen untereinander sei gerade aufgrund der Bedrohung von außen besonders groß und ihre Identifikation mit der Kirche stark und widerstandsfähig.
Tags darauf hielt Bischof Dr. Manfred Scheuer von Linz ein Referat über „Verfolgung und Martyrium zwischen Todesideologie und Lebenszeugnis.“ Gerade aufgrund der Geschichte des 20.Jahrhunderts, in der viele Christen aus ideologischen Gründen getötet wurden, gebe es in der Öffentlichkeit eine „Viktimisierung des Märtyrerbegriffs“: er bezeichne mehr das Opfer als den Zeugen. In der christlichen Tradition sei aber das Zeugnis für Christus, die im Glauben an ihn auch im Leiden durchgehaltene Liebe das entscheidende Kriterium des Märtyrers. Neben dem „roten Martyrium“ durch die Hingabe des eigenen Lebens kenne man auch ein „weißes“ (durch Askese und Selbstverleugnung) und ein „grünes Martyrium“ (durch Verkündigung des Glaubens in einer fremden Kultur). Das Leiden für Christus habe also viele Gesichter und sei immer auch ein Zeugnis der Hoffnung auf den Gott, der alles lebendig macht. Durch diese österliche Dimension des Martyriums reiften manche Zeugen im Angesicht des Todes zu einer tiefen Einsicht in den Heilswillen Gottes, so dass ihre Abschiedsbriefe oft von einer überraschenden Fröhlichkeit und Gelassenheit erfüllt seien.
Am Nachmittag stellte Prälat Dr. Helmut Moll, Mitglied des Schülerkreises und als Beauftragter der Bischofskonferenz für das „Deutsche Martyrologium des 20.Jahrhunderts“ (2015 in sechster Auflage erschienen) ein ausgewiesener Kenner der Materie, die kirchengeschichtliche und -rechtliche Dimension des Martyriums dar. Gemäß dem Lehramt der Kirche gebe es drei Kriterien für die Anerkennung eines Martyriums: den gewaltsamen Tod durch andere, den Hass auf den Glauben als Motivation der Täter sowie die bewusste Annahme des göttlichen Willens durch den Märtyrer. Das dritte sei auch das am schwierigsten nachzuweisende Kriterium, betonte Moll, weshalb die Kanonisationsprozesse auch häufig lange dauerten und sehr sorgfältig durchgeführt werden müssten, bis die entsprechenden Quellen gefunden und geprüft worden seien. „Märtyrer“ sollten daher nur die wirklich kanonisierten Seligen und Heiligen genannt werden, während alle anderen als „Glaubenszeugen“ zu bezeichnen seien. Papst Franziskus habe vor kurzem noch ein viertes Kriterium ins Spiel gebracht: die Hingabe des Lebens, zum Beispiel bei der Pflege von Kranken.
Wie immer wurden die Referate in einer anregenden Diskussion aufgegriffen und weitergeführt. So wurde über die Möglichkeit eines ökumenischen Tages der Märtyrer nachgedacht und das Gedenken an die verfolgten Christen als ein beständiges Gebetsanliegen herausgestellt. Ein Teilnehmer fasste den Impuls der Tagung folgendermaßen zusammen: „Wir brauchen die Märtyrer, um unsere Mittelmäßigkeit zu überwinden.“
Neben dem inhaltlichen Austausch wurde auch über die Organisation künftiger Treffen beraten, und Neuwahlen im Stiftungsrat und im Neuen Schülerkreis stellten personell die Weichen für die Zukunft. Im Stiftungsrat löst Dr. Josef Zöhrer P. Dr. Stephan Horn SDS ab und wird nach und nach auch die Aufgaben des Sprechers des Schülerkreises übernehmen. Der Neue Schülerkreis wird fortan geleitet von Prof. Dr. Christoph Ohly (1. Vorsitzender), P. Dr. Sven Conrad FSSP (2. Vorsitzender) und Pfarrer Dr. Rainer Hangler (Kassenwart) und hat die rechtliche Form eines eingetragenen Vereins. Allen, die sich bisher in Leitung und Organisation der Schülerkreise eingebracht hatten, wurde ausdrücklich gedankt.
Eine kleine Abordnung der Schülerkreise besuchte schließlich den eigentlichen Initiator, Lehrer und Förderer der Treffen, den emeritierten Papst Benedikt XVI., im Monastero Mater Ecclesiae. Er zeigte sich sehr interessiert an der Tagung und wird auch das Thema für das kommende Jahr auswählen.
Mit der Heiligen Messe am Sonntagmorgen in der Hauskapelle der Villa Fatima endete das Treffen und entließ alle Teilnehmer, damit sie das Thema der gemeinsamen Tage nun im Zeugnis ihres eigenen Lebens weitertragen.
Manuel Schlögl
Fotos: Michael Hofmann